Hallo,
folgender Auszug aus der gestrigen Plenardebatte zum Thema Gewichtsbesteuerung:
Iris Gleicke, Parl. Staatssekretärin beim Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen:
Bekanntlich fallen weder die Steuergesetzgebung noch ihr Vollzug in den Geschäftsbereich meines Ministeriums. Auf den ersten Blick mag es deshalb verwundern, dass ich als Vertreterin des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen das Wort ergreife zum Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/Die Grünen mit der Zielsetzung, das "ungerechtfertigte Steuerprivileg für schwere Geländewagen abzuschaffen".
Es geht dabei um Fahrzeuge, die wahlweise zur Personenbeförderung oder zur Güterbeförderung benutzt werden können, wie vor allem schwere Geländewagen oder so genannte SUV - Sport Utility Vehicles. Solche Fahrzeuge können ab einer bestimmten Gewichtsklasse von den Finanzbehörden der Länder steuerrechtlich als LKW eingestuft werden und werden dann entsprechend günstig, nämlich nur nach Gewicht besteuert. Ursache hierfür ist eine Bestimmung in der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO).
Es handelt sich um den § 23 Abs. 6 a StVZO, der besagt:
Als Personenkraftwagen sind auch Kraftfahrzeuge mit einem zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 2,8 t zu bezeichnen, die nach ihrer Bauart und Einrichtung geeignet und bestimmt sind, wahlweise vorwiegend der Beförderung von Personen oder vorwiegend der Beförderung von Gütern zu dienen, und die außer dem Führersitz, Plätze für nicht mehr als acht Personen haben.
Diese Bestimmung wurde 1969 zur verkehrsrechtlichen Klarstellung eingeführt, damit Kombinationskraftwagen bis einschließlich 2,8 Tonnen bei Überholverboten mit dem Zusatz "ausgenommen Personenkraftwagen" ohne weiteren Zusatz mit ausgenommen waren.
Die Steuerverwaltung der Länder und auch die höchstrichterliche Rechtsprechung der Finanzgerichte hat aus dieser verkehrsrechtlichen Bestimmung im Umkehrschluss gefolgert, dass Fahrzeuge dieses Typs, wenn ihr zulässiges Gesamtgewicht 2,8 Tonnen überschreitet, steuerrechtlich LKWs sind. Sie werden deshalb - wie bereits dargelegt - lediglich nach Gewicht und nicht hubraum- und emissionsbezogen besteuert.
Das Kraftfahrzeugsteuergesetz, für das der Bund die Gesetzgebungskompetenz hat, sagt hierzu selbst nichts aus. § 23 Abs. 6 a StVZO ist somit sozusagen Steigbügelhalter für eine Steuerrechtspraxis, die die Halter derartiger - wie wir alle wissen - nicht ganz billiger Fahrzeuge kraftfahrzeugsteuerlich privilegiert.
Verkehrsrechtlich ist diese Bestimmung seit langem überflüssig, weil daran zumindest im Straßenverkehrsrecht keine Rechtsfolgen mehr geknüpft sind. Außerdem steht diese Bestimmung nicht mehr im Einklang mit dem Recht der Europäischen Gemeinschaften.
Auch deshalb begrüße ich als Vertreterin der Bundesregierung den gestern eingereichten Antrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen. Es macht Sinn, diese Vorschrift des Straßenverkehrsrechts ersatzlos aufzuheben.
Nun ist das mit Privilegien ja bekanntlich so eine Sache. Sobald in unserem Lande an irgendeinem Privileg gerüttelt wird, machen zumindest einige der Privilegierten mehr oder weniger überzeugende Argumente für die Beibehaltung des Privilegs geltend. Wir kennen das alle auch aus anderen Zusammenhängen. Aber wir haben alle Einwände und Bedenken selbstverständlich sorgfältig geprüft. Im Ergebnis bleiben wir bei unserer mit dem Bundesministerium der Finanzen und dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit abgestimmten Absicht, den § 23 Abs. 6 a StVZO aufzuheben, und der rot-grüne Antrag gibt uns dafür den politischen Flankenschutz.
Die entsprechende Verordnung zur Änderung der StVZO kann damit endgültig auf den Weg gebracht werden. Sie soll so rasch wie möglich dem Bundesrat mit der Bitte um Zustimmung zugeleitet werden.
Die seinerzeit bei der Änderung der StVZO überhaupt nicht beabsichtigte steuerliche Privilegierung schwerer Geländewagen ist mit dem Gedanken der Steuergerechtigkeit nur schwer in Einklang zu bringen. Auch im Hinblick auf den hohen Kraftstoffverbrauch und die im allgemeinen auch höheren Schadstoffemissionen ist diese Privilegierung erfehlt.
Nach der Änderung bzw. Aufhebung des § 23 Abs. 6 StVZO ist es Sache der Länder, die steuerrechtlichen Konsequenzen zu ziehen und diese in den Fahrzeugpapieren als "Personenkraftwagen" bezeichneten Kraftfahrzeuge so zu besteuern, wie es ihrem Verwendungszweck und ihrer technischen Beschaffenheit entspricht.
Ob hierzu eine Änderung des Kraftfahrzeugsteuergesetzes erforderlich ist, wird vom zuständigen Bundes-ministerium der Finanzen zusammen mit den Ländern geprüft werden müssen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass Fahrzeuge, die Gegenstand des Antrages sind, teilweise auch gewerblich als Nutzfahrzeuge eingesetzt werden, zum Beispiel in der Land- und Forstwirtschaft, von Winzern und auch von Handwerkern. Damit wäre auch die Frage zu prüfen, ob eine kraftahrzeugsteuerliche Differenzierung zwischen schweren Geländwagen, die außschließlich oder ganz überwiegend zu privaten Zwecken genutzt werden, und solchen, die gewerblich als Nutzfahrzeuge verwendet werden, geboten ist.
Das Anliegen des rot-grünen Antrags ist jedenfalls berechtigt.
Mit unserem Vorhaben, den § 23 Abs. 6 a StVZO ersatzlos aufzuheben, sind wir als Bundesregierung auf dem richtigen Weg. Ich bitte Sie, dem Antrag zuzustimmen.
Dieser Antrag ist gestern beschlossen worden. Wenn das Gesetz in Kraft tritt, werden die Länder damit beginnen, den Haltern von Kombinationskraftwagen über 2,8 to geänderte Steuerbescheide zu schicken. Ob es auch die Wohnmobile trifft, ist nach dieser Sachlage offen. Strenggenommen fällt aber die rechtliche Grundlage, auf der Basis das Urteil des Bundesfinanzhofes, welches die Gewichtsbesteuerung auch für nicht-LKW ab 2,8 to regelt, gesprochen wurde, auch für die Wohnmobile weg. Schliesslich wurden die WoMos unter 2,8to ZGG auch bisher schon wie PKW besteuert. Da wird es dann auf die Verfahrenspraxis der Länder ankommen.
Also trifft es uns auch.
Viele Grüße
Kai